DeN Spätzünder mit dem sanften Lächeln

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Leise krachend an die Spitze
Sanft lächelnd, ein aufmunterndes Nicken. Um den Mund zuckt harmloser, fast freundschaftlicher Schalk. Die Stirn arglos in Falten gelegt. Irgendwie schon kindlich naiv. Und dann, sobald sich sein Gegenüber in Sicherheit wiegt – Bäm!
Dann zeigt er sein wahres Gesicht. Das Lächeln bleibt. Wechselt zu einem kaltblütigen Grinsen. Der Blick gewinnt an Härte. Er zieht die Waffe, nein – er lässt schießen! Um im Anschluss entschuldigend lächelnd den Ort des Geschehens zu verlassen.
So kennen wohl die meisten Cineasten, vorzugsweise Anhänger des Genres „Trash-Poesie“, den Schauspieler Christoph Waltz. Eine Szene aus „Inglourious Basterds“, mit dem ihm sein internationaler Durchbruch gelang.
Der Schattenmann
Doch die Geschichte von Christoph Waltz beginnt viel früher. Fern von Hollywood…
Im Oktober 1959 in Wien geboren und aufgewachsen. Sohn eines Bühnenbildner-Ehepaares. Vater Deutscher, Mutter Österreicherin. Er trägt beide Staatsbürgerschaften.
Tragen sollten ihn auch die Bretter, die die Welt bedeuten. Nach der klassischen Theaterausbildung, am renommierten Max-Reinhardt-Seminar in Wien, zog es ihn in den 70er Jahren nach New York. Am Lee Strasberg-Institute rundete er seine Ausbildung mit einem Studium ab. Rund lief es für Christoph Waltz jedoch lange nicht. Seine US-Filmambitionen wurden rasch gedämpft, als man ihm den Dauer-Nazi prophezeite.
So landete er beim deutschen Fernsehen. Mimte seit Ende der 70er Jahre die Rollen der eher undurchsichtigen Charaktere. Ob Bösewichte oder Melancholiker – nur eben kein 0815-Typ. So einer war Christoph Waltz nie. „Der Alte“, „Tatort“, „Derrick“, „Polizeiruf 110“ – er absolvierte die ganze Krimi-Palette. Auch leichte Beziehungskomödien und Geschichtsfilme gehörten zum Repertoire.

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TV-Erfolge erzielte er mit den Sat.1-Produktionen über die Entführung des Richard Oetkers oder als tragischer Schlagerstar in „Die Roy Black Story“. Kleine Ausreißer auf die Kinoleinwand bescherten ihm Erfolge als brillanter Nebendarsteller, wie etwa in „Der alte Affe Angst“ oder „Herr Lehmann“.
Er wirkte in mehr als 70 Film- und Fernsehproduktionen mit. Lohn der Arbeit waren Auszeichnungen wie die Goldene Kamera, der Deutsche Fernsehpreis, der Bayrische Fernsehpreis und der Adolf-Grimme-Preis.
Dennoch blieb Christoph Waltz stets im Schatten, wurde nicht zu den angesagten Parties geladen und blieb für die Boulevard-Presse Luft.
Dann traf er auf den Regisseur Quentin Tarantino.
Der Trashpoet und der stille Charmeur
Für seine Idee, Christoph Waltz als SS-Mann Hans Landa in „Inglourious Basterds“ zu besetzen, dürfte sich Quentin Tarantino heute noch zufrieden auf die Schulter klopfen. Eigentlich wollte Tarantino das Filmprojekt schon in die Tonne hauen. Aber dann trat der sanft-lächelnde Deutsch-Österreicher ins Bild.
Er kam, er sah, er siegte. Ausgerechnet als Nazi-Darsteller gelang ihm sein Durchbruch. Den mimte er auf eine so unvergleichliche Art und Weise, dass es seines Gleichen sucht. Belohnt wurde er dafür 2010 u.a. mit einem verdienten Oscar und dem Golden Globe als bester Nebendarsteller.
Für seine Nebenrolle in Tarantinos Trash-Western „Django Unchained“, in dem er bravourös und unschuldig grinsend Hollywood-Star Leonardo DiCaprio vorführte, heimste er 2013 erneut die begehrte Gold-Kombi ein.
Göttliches Gesichtskino
Sein unverwechselbares Minenspiel, welches punktgenau sitzt, macht ihn zu einem Mimik-Gott. Den „Gott des Gemetzels“ gab er 2011, u.a. an der Seite von Jodie Foster. Dieses puristische Kammerspiel, verfilmt von Roman Polanski, beschränkt sich auf eine Wohnung und die sagenhafte Leistung der vier einzigen Charaktere. Waltz brilliert erneut. Fast schon diebisch freut sich der Zuschauer auf die kalten Kommentare Waltz‘, untermalt von einem süffisanten Lächeln.

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Lächelnd und bescheiden, mit seinem nahezu unbeholfenem Charme, schlich Christoph Waltz über die roten Teppiche der Preisverleihungen. Er wurde gefeiert, blieb jedoch stets zurückhaltend. Voller Demut. Fragen beantwortet er freundlich, aber ausweichend. Der Mann lässt sich nicht in die Karten schauen. Privat ist es still um den stillen Charmeur, der spät und überraschend auf der Leinwand zündete.
Lautlos, aber explosiv. Sanft, aber kaltblütig-lächelnd. Christoph Waltz wird mit seinem Facettenreichtum und seiner Vielfalt noch auf einigen Leinwänden und Bühnen zünden.
Ob schweigend oder wortreich. Dieser Mann begeistert. Nehmen Sie sich in Acht.